Teil 3: Von der Kaiserzeit bis Kurz – Und anderen österreichischen Skandalen

Wir beginnen in Teil 3 damit, aufzuzeigen, wie skrupellos man sein kann, gehen weiter zu teuren Flugzeugen und schließen die Serie mit zwei sehr aktuellen Skandalen. 

Bildquelle: imago images / Viennareport

1977 sank das Schiff „Lucona“ im Indischen Ozean. Dies führte dazu, dass sechs Besatzungsmitglieder ihr Leben lassen mussten, und es folgten 16 Rücktritte und Verurteilungen. Was das Ganze mit Österreich zu tun hat? Das Schiff war von Udo Proksch gechartert worden, der zu dem Zeitpunkt Besitzer der Hofzuckerbäckerei Demel war. Er gehörte dem „Club 45“ an und zählte somit zur SPÖ-Elite, die Anfang der 1970er-Jahre die Macht übernommen hatte. Das Schiff war auf 212 Millionen Schilling versichert, die Ladung hatte in Wirklichkeit einen Wert von nur 1 Million Schilling. 

Nachdem das Schiff gesunken war, erhärtete sich der Verdacht, dass nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sei, weshalb die Versicherungssumme nicht direkt an Proksch überwiesen wurde. Am 18. Februar 1985 wurden er und andere Drahtzieher festgenommen, kurz darauf aber wieder freigelassen. Proksch flüchtete daraufhin nach Manila und unterzog sich einer Gesichtsoperation, wurde aber trotz falschem Bart, 1989 am Flughafen Wien festgenommen. 1992 wurde er wegen sechsfachen Mordes schuldig gesprochen und zur lebenslanger Haft verurteilt. Es folgte der Rücktritt des damaligen Nationalratspräsidenten Leopold Gratz (SPÖ) und des Innenministers Karl Blecha (SPÖ). Der verdächtige Verteidigungsminister Karl Lütgendorf starb schon 1981 vermutlich durch Suizid. Es stellte sich heraus, dass auf dem Schiff statt einer teuren Uranerzaufarbeitungsanlage, sich nur Schrott befand. 

Porträt - "Ich bin's, der Udo!" - Wiener Zeitung Online
Udo Proksch (Bildquelle: picturedesk.com)
Leopold Gratz – Wikipedia
Leopold Gratz (Bildquelle: Wikiwand)
Karl Blecha – Wikipedia
Karl Blech (Bildquelle: Thomas Lehmann)
Karl Lütgendorf, Biografie | Parlament Österreich
Karl Lütgendorf (ÖNB)

Von Schiffen gelangen wir jetzt zu Flugzeugen. 2004 beschlossen die ÖVP und die FPÖ 18 neue Kampfflugzeuge zu beschaffen. Dies war nicht nur ein äußerst kostenintensives Vorhaben, sondern auch eines, dass für einige Schlagzeilen sorgte. 2002 wurde zugunsten der Eurofighter entschieden. Wolfgang Schüssel, Ex-Vizekanzler und ÖVP-Politiker, begründete die Entscheidung damals als „zukunftsträchtiges Produkt“. Der Kaufpreis lag bei 1.709 Milliarden Euro für 18 Flieger und die Betriebskosten bei 60-65 Millionen Euro. Dafür wurden Gegengeschäfte im Ausmaß von vier Milliarden Euro vereinbart. Im Jahr 2002 allerdings berichtete der „Spiegel“, die Maschine sei „praktisch flugunfähig“ und weitere Gerüchte von Mängeln der Eurofighter drangen an die Öffentlichkeit. Erste Vorwürfe gab es bereits vor dem Kauf im Jahr 2001 vom heutigen Vizekanzler Werner Kogler. Er behauptete, dass die Ausschreibungen manipuliert gewesen seien. Der Verdacht der Schmiergeldzahlung lag dauernd in der Luft, rückte aber speziell im Jahr 2012 in den Fokus. Der italienische Manager und „Briefkastenspezialist“ Gianfranco Lande legte ein Geständnis ab, dass er der Eurofighter-Firma EADS geholfen habe, 84 Millionen Euro nach Österreich zu verschieben. 2020 gab Airbus gegenüber den US-Behörden zu, Zuwendungen zu 14 Einzelpersonen in der Höhe von 55 Millionen Euro getätigt zu haben. Sie betonten auch, dass die Namen der 14 Personen und die Beträge der Staatsanwaltschaft Wien bekannt gewesen seien. Zur Information, Stand 2021: Nach mehr als einem Jahrzehnt wurde keine einzige Person verurteilt. 

ÖVP - Der Ideologe und der Populist - Wiener Zeitung Online
Wolfgang Schüssel mit Ehefrau Krista und Sebastian Kurz beim ÖVP-Sommerfest 2018 (Bildquelle: dpa/Georg Hochmuth)
Madoff dei Parioli, ancora un rinvio a giudizio per Gianfranco Lande -  NewsGo
Gianfranco Lande (Bildquelle: Erika Lo Magro/newsgo.it)

Erinnern wir uns doch an einen sehr intimen Einblick in die politische Arbeit des Landes zurück. Diesen erhielt Österreich, und der Rest der Welt, durch einen heimlich gefilmten Besuch des Ex-Vizekanzlers und FPÖ-Politikers Heinz-Christian Strache, auf einer Finca auf Ibiza. Dabei versuchte er einer Frau, die er für eine mächtige Oligarchin hielt, politische Gefälligkeiten zu verkaufen. Strache wurde im August 2021 wegen Bestechlichkeit zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt. Das erstinstanzliche Urteil ist noch nicht rechtskräftig, so gilt hier noch die Unschuldsvermutung.  

Gerade als Österreich dabei war, sich Popcorn für die mit Spannung erwartete Verfilmung der Ibiza-Affäre zu kaufen, drangen die ersten Vorwürfe rund um Ex-Kanzler und ÖVP-Politiker Kurz an die Öffentlichkeit. Merken Sie etwas? Drängt sich da nicht eine unangenehme Frage auf? Sind wir daran schuld? Hat diese denn nicht gar Tradition, und: Verleugnen nicht viele von uns die Korruptionskultur? Sehen wir sie zum Beispiel als Erbe jahrhundertelanger Monarchie oder als Ergebnis der katholischen Sitten an? Diese Frage über das kollektive Bewusstsein sollte jeder mit sich selbst ausmachen.

Ex-Kanzler Kurz verkaufte sich als Weltverbesserer, der den alten Stil der krummen Politik beenden wollte. Glaubten ihm seine Wähler wirklich oder wollten Sie sich vielleicht täuschen lassen? Wie auch immer, öffnete die Kurz-Causa vielleicht einigen die Augen und zeigte, wie einige Medien des Landes Hand in Hand mit der Regierung zusammengearbeitet haben. Gegenüber Kurz gilt natürlich die Unschuldsvermutung. 

Nicht zu vergessen ist auch der Spaziergang der Frau des Finanzministers Gernot Blümel, ÖVP, mit ihrem Baby – und dem Laptop ihres Mannes – nur wenige Minuten vor dem Eintreffen der Polizei zur Hausdurchsuchung. Wer tut dies nicht, der Laptop braucht doch die tägliche Dosis frische Luft. Die Öffentlichkeit nahm es gelassen. Als ein Kanzlerassistent mehrere Festplatten professionell schreddern ließ – unter falschem Namen – zuckten die Österreicher nur mit den Schultern. Die Ermittlungen hierzu wurden eingestellt und der Kabinettsmitarbeiter, der die Festplatten schreddern ließ, zum Referatsleiter im Kanzleramt befördert. 

Fassen wir also zusammen, Österreich hat einige Skandale zu bieten, wie wir damit umgehen und ob wir es zulassen, dass diese immer wieder geschehen, ist unsere Sache. 

Ich würde mich sehr über ein Feedback zu der Serie in den Kommentaren freuen :). 

Ein Gedanke zu „Teil 3: Von der Kaiserzeit bis Kurz – Und anderen österreichischen Skandalen“

  1. Ich denke, dass hier tatsächlich recht drastisch beschrieben wird wie sehr sich Korruption durch die österreichische Geschichte zieht. Und ja – man könnte argumentieren, dass das überall so ist, nicht alle Politiker so sind usw.
    Anderseits ist es zutiefst erschütternd, wie wenig sensibel weite Teile der Bevölkerung heute sind. Vieles wird mit Gleichmut einfach hingenommen, als ‚eh normal‘ eingestuft oder sogar klammheimlich bewundert. Man kann den Eindruck gewinnen, dass manche Politiker einfach machen können was sie wollen – es bewegt nicht mehr. Ich sehe das als Verfall der Moral – auch wenn das altmodisch klingen mag. Nicht zufällig brüsten sich Zeitgenossen wie Donald Trump damit selbst jemanden umbringen zu können ohne dass sie Konsequenzen befürchten müssen. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen.
    Und da schreibt unser Ex-Bundeskanzler wahrlich wenig intelligent Nachrichten und hat nicht einmal so viel Ehrgefühl sich nach dem Bekanntwerden unmittelbar zu verabschieden … so gesehen ist der Artikel wohl doch nicht zu drastisch.
    Außerdem sollte man nicht vergessen, wie sich solche Vorgänge auf die Bevölkerung in Bezug auf deren eigenen Haltung zu Normen und Regeln auswirken. Begünstigt das nicht eine ‚wenn die das können … ‚ Haltung? Ich denke ja und daher müssen Missstände deutlich aufgezeigt werden. Sie müssen als das präsentiert sind was sie wirklich sind – eine Gemeinheit und völlig inakzeptabel.

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